Erkennen Sie Cheftypen und die geeignete Verhaltensstrategie
- Dienstag, 8. März 2016

Aus eigner Erfahrung weiss ich, dass Vorgesetzte und ihre unterschiedlichen Führungsstile für die Mitarbeitenden eine stetige Herausforderung darstellen. Wenn Sie die Verhaltensweisen Ihres Vorgesetzten kennen und die Beweggründe dahinter verstehen, können Sie besser damit umgehen, entsprechend handeln und eigene Perspektiven entwickeln.
Es werden – abgeleitet aus Mitarbeiterbefragungen – fünf Cheftypen unterschieden:
- Der dominante Chef
- Der harmoniesüchtige Chef
- Der überforderte Chef
- Der tyrannische Chef
- Der gute Chef
In der Praxis gibt es natürlich auch Mischtypen – eine Person ist nicht immer nur dominant oder harmoniesüchtig. Es hilft jedoch, diese Typen zu kennen und sich darauf aufbauend für die eigene Situation eine passende Verhaltensstrategie zurechtzulegen.
Im Folgenden werde ich versuchen, Ihnen das Verhalten dieser verschiedenen Typen näher zu beschreiben und Ihnen nahelegen, wie Sie mit dieser Art Mensch am besten umgehen. Wägen Sie die beschriebenen Handlungsoptionen für Ihre Situation gut ab. Denn jede von Ihnen getroffene Wahl hat ihre Auswirkungen – für Sie, das Team und Ihr Unternehmen.
1. Der dominante Chef
Der dominante Chef zeichnet sich durch seine entscheidungsfreudige Art aus. Er konzentriert sich auf das Wesentliche. Für ihn zählen Zahlen, Fakten und Ergebnisse. Er erwartet von seinem Team, dass seine Anweisungen linientreu umgesetzt werden. Aufgrund seiner Ausbildung und seiner Erfahrung ist er in der Lage, seine Mitarbeiter zum Erfolg zu führen.
Doch das Verhalten hat meist einen Haken. Hinter der dominanten Art stecken oft Versagensängste. Triggert irgendetwas diese Ängste, neigt er dazu, alles und jeden zu kontrollieren. Konflikte werden durch Anweisungen unterdrückt. Andersdenkende werden degradiert oder mit unattraktiven Aufgaben betraut. Werte wie Offenheit und Respekt spielen beim Erreichen der Ziele eine untergeordnete Rolle.
Mögliche Verhaltensstrategien:
- Lassen Sie ihn wissen, dass sie ihn und seine Position im Unternehmen respektieren, ansonsten besteht die Gefahr, dass er Sie als Konkurrenten wahrnimmt.
- Sie legen ihm schriftlich kurz zusammengefasst Zahlen und Fakten vor, die Ihr Anliegen unterstützen.
- Sie schildern ihm in einem Vieraugengespräch, welchen Nutzen er hat, wenn er Sie eigenverantwortlich an dieser Aufgabe arbeiten lässt.Zum Beipsiel: „Er hat mehr Freiraum für...“
- Sie sichern ihm zu, ihn über den Stand auf dem Laufenden zu halten und fragen ihn, wie er informiert werden will (persönlich, per E-Mail, Skype) und wie oft.
- Wenn Sie mit dem Stil nicht umgehen können, suchen Sie nach einem neuen Arbeitsplatz an dem Sie eigenverantwortlich arbeiten können.
2. Der harmoniesüchtige Chef
Zentral sind diesem Cheftyp die Gefühle und die Zufriedenheit seiner Mitarbeiter. Er ist freundlich und achtet auf eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Er ist vielfach selbstgefällig und lobt das, was er tut. Dahinter steht ein Wunsch nach Anerkennung und Zustimmung durch seine Mitarbeiter. Was andere denken, hat grössere Bedeutung als die erbrachten Arbeitsergebnisse. Um gemocht zu werden, bringt er auch persönliche Opfer, da er vor Zurückweisung und Isolation Angst verspürt. Entsprechend sind positive Rückmeldungen willkommen. Kritik wir unter den Teppich gekehrt, Diskussionen und Konflikten versucht er aus dem Weg zu gehen.
Mögliche Verhaltensstrategien:
- Sie bitten ihn, Ihnen und dem Team aufzuzeigen, welche Ziele in welchem Zeitraum erreicht werden sollen.
- Sie setzten sich selber Ziele, die Sie erreichen wollen. So haben Sie die Chance aufzufallen und eine weitere Karrierestufe zu erklimmen.
- Sie achten darauf, wenn Schwierigkeiten oder neue Themen auftreten. Sie überlegen sich Lösungen und unterbreiten diesen Lösungsvorschlag Ihrem Chef. Achten sie dabei darauf, dass Sie ihn emotional positiv abholen.
3. Der überforderte Chef
Hier schlägt das Peter-Prinzip zu, d.h. Sie haben es mit einem Chef zu tun, der so lange befördert wurde, bis er an die Grenzen seiner fachlichen und sozialen Fähigkeiten gestossen ist oder sie bereits überschritten hat. Seine Inkompetenz versucht er mit seinem Verhalten zu überspielen. Dabei schmückt er sich gerne auch mit fremden Federn. Arbeitsergebnisse sind ihm präsentationsfertig oder unterschriftsreif vorzulegen, damit er sie bei einer höheren Stelle in seinem Namen vorlegen kann. Er delegiert so viel wie nur möglich. Dies führt zu Unsicherheit und Überlastung der Mitarbeiter. Mit der Zeit sinkt häufig das Ansehen der ganzen Abteilung.
Mögliche Verhaltensstrategien:
- Sie versuchen die Beziehung zu Ihrem Chef zu stärken und versuchen, ihn von Aufgaben zu entlasten, die Sie besser beherrschen als er. Sie dokumentieren diese Aufgaben für sich, damit Sie zu einem späteren Zeitpunkt einen Nachweis für Ihr erweitertes Kompetenzfeld haben – sei es für Gehaltsverhandlungen, Zeugniserstellung usw.
- Sie verhalten sich diplomatisch und bitten Ihren Chef, Entscheidungen zu treffen, die in seinem Kompetenzbereich und nicht in Ihrem liegen.
- Wenn Sie merken, dass Sie damit nicht weiterkommen, schauen Sie sich nach einem anderen Job um.
4. Der tyrannische Chef
Dieser Cheftyp weist aufgrund seiner – achtsam versteckten – Minderwertigkeits-gefühle und Selbstzweifel erhebliche charakterliche Defizite auf. Mit seinen Untergebenen geht er vielfach rücksichtslos um. Sein Verhalten ändert sich jedoch, wenn eine weitere Person dabei ist, die ihm hierarchisch übergeordnet ist oder von der er sich einen Nutzen verspricht. Hier kann er freundlich sein und oft auch charismatisch wirken. Kurz zusammengefasst: Nach unten treten und nach oben buckeln. Kleinste Fehler werden von ihm dramatisch aufgebauscht – er wird aggressiv und verletzend, sucht nach Schuldigen und droht mit Sanktionen. Selbstreflexion ist für ihn ein Fremdwort. Sein Verhalten verbreitet Angst. Bevorzugt werden ergebene Mitarbeiter, die seinen Plänen dienen. Jedoch auch die werden häufig schikaniert.
Mögliche Verhaltensstrategien:
- Sie grenzen sich ab und stellen auf Durchzug und schöpfen Ihre Motivation aus Ihrer Arbeit.
- Sie versuchen gelassen zu bleiben, indem Sie sich vorstellen, Sie sitzen unter einer Käseglocke aus Panzerglas oder stellen sich andere Situationen vor, in den Sie ruhig und gelassen geblieben sind.
- Stärken Sie sich mental durch Affirmationen wie z.B. „Ich respektiere mich und meine Fähigkeiten.“ „Ich bin sicher aufgehoben.“
- Lassen Sie Ihren Chef ausreden – auch wenn er schreit. Bleiben Sie aufrecht stehen oder sitzen. Schauen Sie Ihrem Vorgesetzten in die Augen und sagen Sie ihm, dass Sie ihn respektieren und ebenfalls respektiert werden möchten, auch wenn Sie einen Fehler gemacht haben. Bauen Sie ihm eine Brücke, damit er nicht das Gesicht verliert.
- Wenn Ihnen das Verhalten mental und körperlich zusetzt, suchen Sie sich einen anderen Job. Es hat keinen Sinn, Ihre Arbeitskraft zu gefährden, indem Sie sich einer solchen Situation aussetzen.
5. Der gute Chef
Der gute Chef ist durch umsichtige Führung seines Teams in der Lage, sehr gute Ergebnisse zu erzielen. Seine Ziele sind dem Team bekannt, werden klar kommuniziert und sind messbar. Er hat Vertrauen in seine Fähigkeiten und in die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter. Seine Grundeinstellung ist: Ich bin okay und meine Mitarbeiter sind okay. Er verlangt viel, fördert seine Mitarbeiter und stattet sie mit Verantwortung aus. Neuen Ideen und Lösungsvorschlägen seiner Mitarbeiter steht er offen gegenüber. Er pflegt den Kontakt zu seinen Mitarbeitern und ist über Stand von Projekten und Aufträgen gut informiert. Er hört genau zu und gute Argumente überzeugen ihn.
Mögliche Verhaltensstrategien:
- Auch ein guter Chef freut sich über ehrliches Feedback. Sagen Sie ihm, dass Sie seinen Führungsstil zu schätzen wissen. Lassen Sie jedoch Schmeicheleien sein!
- Halten Sie Ihren Chef über Ihren Arbeitsbereich auf dem Laufenden und sprechen Sie negative Entwicklungen zeitnah an. So können Sie nach Lösungen suchen, bevor ein Problem entsteht.
- Achten Sie auf Verbesserungsmöglichkeiten, stellen Sie Ihrem Chef die Idee vor und zeigen Sie so Initiative.
- Mit einem solchen Chef lohnt es sich durch dick und dünn zu gehen. Stellen Sie ihn jedoch nicht auf ein Podest. Er ist auch nur ein ein Mensch und tut was er kann.
Wenn Sie unsicher sind, wie Sie sich in Ihrer Situation am besten verhalten sollen, besprechen Sie die Situation mit einem Kollegen oder einem Coach. Und erlauben Sie mir noch einen Hinweis: Bei Unstimmigkeiten warten Sie nicht zu lange ab. Reibungen mit dem Chef erledigen sich meistens nicht von selbst! Je länger man die Situation aussitzt, desto schwieriger wird es, eine stimmige Lösung zu finden. Ich unterstütze Sie sehr gerne, den für Sie optimalen Weg zu definieren.